57. Eurovision Song Contest 2012

 

Datum:  26. Mai 2012 (22. Mai +  24. Mai Semifinale) 

Ort:   Baku - Aserbaidschan

Pausenact: Emin

Voting:  Jury-/Televoting  50%/50% im Finale

Die ersten Zehn des Votings bekommen in der Rangfolge die Punkte 12-10-8-7...3-2-1

 

 

 

 

 

Halle: Baku Crystal Hall 

Moderation: Leyla Aliyeva, Eldar Gasimov & Nargiz Birk Petersen

SIEGER :

   

 

 

SCHWEDEN   

 

LOREEN   

 

   "EUPHORIA"  

 Musik & Text:

 

Thomas G:son, Peter Boström

 

Why,
Why can't this moment last forever more
Tonight,
Tonight eternity's an open door
No
Don't ever stop doing the things you do
Don't go
In every breath I take I'm breathing you

Euphoria
Forever, ‘til the end of time
From now on, only you and I
We’re going u-u-u-u-u-u-up

Euphoria
An everlasting piece of art
A beating love within my heart
We’re going u-u-u-u-u-u-up

We are here
We are alone in our own universe
We are free
Where everything's aloud and love comes first
Forever and ever together
We sail into infinity
We're higher and higher and higher
We're reaching for divinity

Euphoria
Forever, ‘til the end of time...

Euphoria
An everlasting piece of art...

Forever
We sail into infinity
We're higher
We're reaching for divinity

Euphoria
Euphoria
We’re going u-u-u-u-u-u-up

Euphoria
An everlasting piece of art...
 

 

DANKE, ANKE!  GLÜCKWUNSCH LOREEN !

Der ESC in Baku war äußerst umstritten: Sowohl im Vorfeld als auch während der ESC-Wochen gab es in den Medien aber auch unter den Fans reichlich Diskussionen über das Gastgeberland und die politischen Verhältnisse dort. Kann man den Wettbewerb in einem Land austragen, das nicht demokratisch regiert wird und in dem es mit den Menschenrechten und der Pressefreiheit nicht weit her ist? Immer wieder hatte die Europäische Rundfunkunion EBU zuvor erklärt, dass der Grand Prix ein unpolitisches Event sei und damit überhaupt erst die Begründung geliefert, warum das Musikspektakel in einem Land stattfinden kann, in dem Menschenrechte, Presse- und Redefreiheit und das Recht auf freie Wahlen eingeschränkt sind. Ausgerechnet in dieser unpolitischen Show waren aber etliche politische Anspielungen der Gastgeber zu sehen. Da waren die Einspielfilme, mit denen der nächste Teilnehmer vorgestellt wurde. Sie zeigten meist gestellte Szenen aus Baku. Videosequenzen von schönen Fassaden und bunt angeleuchteten Häusern. Ziemlich einfallslos das Ganze, tat aber auch niemandem weh. Aber da war auch die Postkarte vor dem Auftritt des Gastgeberlandes Aserbaidschan. "Karabach" war darauf zu lesen und zeigte die von Armenien besetzte und völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Region. Ein politischer Affront gegen den Nachbarn, der das Finale live ausstrahlen musste. Als dann auch noch ausgerechnet der Schwiegersohn des Präsidenten, Sänger Emin Agalarov, im Pausenakt auftrat (für ihn wurden die vergangenen Eurovisionsgewinner Niki und Ell, Lena, Alexander Rybak, Dima Bilan und Marija Serifovic ins Semifinale verbannt) und theatralisch eine überdimensionale aserbaidschanische Fahne küsste, war für viele angereiste Fans die Grenze des guten Geschmacks erreicht.

Anke Engelke traf  bei der deutschen Punktevergabe genau den richtigen Ton. Als Einleitung sagte sie mit dem Blick auf das Voting beim Song Contest auf Englisch, dass es eine gute Sache sei, wählen zu können und dabei auch eine Wahlmöglichkeit zu haben. Es dürfte allen klar gewesen sein, dass sie natürlich eine Botschaft an die Menschen in Aserbaidschan und die dortige Opposition richtete. Immerhin waren erst am Tag vor dem Finale wieder 70 Menschen willkürlich festgenommen worden.

Mit einem Erdrutschsieg gewann die Schwedin Loreen uneinholbar vor den udmurtischen Babuschkas und der Balkanballade aus Serbien. Schweden gilt als Kernland des ESC, und allein 16 der 42 Titel, die in Baku an den Start gingen, stammten aus schwedischen Federn. Bei den Buchmachern und Fanclubs lag Loreen seit Wochen auf Platz 1 und anscheinend hat Loreens Euphoria“, ein Titel mit starken Anlehnungen an David Guetta, den Geschmack des europäischen Publikums getroffen. So wurde der Siegertitel "Euphoria" aus der Feder der schwedischen ESC-Komponisten-Legende Thomas G:son ein enormer europäischer Chart-Erfolg. Loreen war im übrigen die einzige Interpretin, die die Opposition in Baku besuchte und unterstützte, indem sie sich mit der Initiative ‚Sing For Democracy‘ traf und sich u.a. ein aktuelles Video von den  Verhaftungen während einer Demonstration ansah!  Dies führte zu diplomatischen Verwicklungen, der schwedische Botschafter wurde ins Außenministerium einbestellt: Loreen möge sich doch bitte auf ihre Musik konzentrieren und nicht in innere Angelegenheiten des Landes einmischen, lautete die Forderung der autoritären Führung Aserbaidschans.

Der deutsche Beitrag Standing Still“ erreichte einen verdienten und in dem  ausgesprochen starke Teilnehmerfeld hervorragenden achten Platz. Roman Lob überrundete damit sogar die als Mitfavoritin gehandelte Nina Zilli aus Italien (Platz 9) und die stimmgewaltige Pastora Soler aus Spanien (Platz 10). Entscheidend war, dass Roman Lob unter Beweis stellte, dass seine Stimme Ausstrahlung hat und das Publikum in Bann zu ziehen vermag.

Die drei von der deutschen Firma Brainpool produzierten Shows hatten wenig Außergewöhnliches zu bieten. Die von Brainpool produzierten Postkartenfilme waren kurz vorher gegen aserbaidschanische Tourismuswerbung ausgetauscht worden, vielleicht verständlich aus Sicht der Veranstalter, aber langweilig für den TV-Zuschauer, ebenso langweilig wie die Moderation.

(Michael Sonneck - unter Verwendung von Texten aus der T.O.M.)

 

Die Teilnehmer 

 

1.

VER. KÖNIGREICH

Engelbert Humperdinck

Love will set you free”

2.

UNGARN

Compact Disco

Sound of our hearts”

3.

ALBANIEN

Rona Nishliu

Suus”

4.

LITAUEN

Donny Montell

Love is blind

M. & T.: Martin Terefe, Sacha Skarbek

M. & T.: Behnam Lotfi, Attila Sándor, Csaba Walkó, Gábor Pál

M.: Florent Boshnjaku

T.: Rona Nishliu

 

M.: Brandon Stone

  T.: Brandon Stone

Platz: 

25

Punkte: 

12

Platz: 

24

Punkte: 

19

Platz: 

5

Punkte: 

146

Platz:

14

Punkte: 

70

 

 

5.

BOSNIEN & HERZEGOWINA

Maya Sar

Korake ti znam"

6.

RUSSLAND

Buranovskiye Babushki

Party for everbody”

7.

ISLAND

Greta Salóme & Jónsi

Never forget”

8.

ZYPERN

Ivi Adamou

La la love”

M. & T.: Maja Sarihodzic

  (Maya Sar)

M.: Vikto Drobysh, Timofei Leontiev

  T.: Olga Tuktareva, Mary S. Applegate

M. & T.: Greta Salóme Stefánsdottir

M. & T.: Alex Papaconstantinou, Bjorn Djupström, Alexandra Zakka, Viktor Svensson

Platz: 

18

Punkte: 

55

Platz: 

2

Punkte: 

259

Platz: 

20

Punkte: 

46

Platz: 

16

Punkte: 

65

                         

 

9.

FRANKREICH

Anggun

Echo (You and I)”

10.

ITALIEN

Nina Zilli

L'amore è femmina (Out of love)"

11.

ESTLAND

Ott Lepland

Kuula

12.

NORWEGEN

Tooji

 „Stay”

M.: Jean Pierre Pilot, William Rousseau

 T.:William Rousseau, Anggun

M. & T: Christian Raab, Kristoffer Sjökvist, Frida Molander, Charlie Mason

M.: Ott Lepland

T.: Aapo Ilves

M. & T.: Tooji, Peter Boström, Figge Boström

 Platz: 

22

Punkte: 

21

 Platz: 

9

Punkte: 

101

Platz:

6

Punkte: 

120

Platz:

26

Punkte: 

7

                                                              

 

13.

ASERBAIDSCHAN

Sabina Babayeva

When the music dies”

14.

RUMÄNIEN

Mandinga

Zaleilah”

15.

DÄNEMARK

Soluna Samay

Should've know better"

16.

GRIECHENLAND

Eleftheria Eleftheriou

Aphrodisiac

M. & T.: Anders Bagge, Johan Kronlund, Sandra Bjuman, Stefan Örn

 

M.: Costi Ionita

T.: Elena Ionescu, Dihigo Omar Secada, Costa Ionita

M.: Chief 1, Remee, Isam Bachiri

 T.: Chief 1, Remee

M. & T.: Dimitri Stassos, Mikaela Stenström, Dajana Lööf

 Platz: 

4

Punkte: 

150

Platz: 

12

Punkte: 

71

 Platz: 

23

Punkte: 

21

Platz: 

17

Punkte: 

64

 

 

17.

SCHWEDEN

Loreen

Euphoria”

18.

TÜRKEI

Can Bonomo

Love me back”

19.

SPANIEN

Pastora Soler

Quédate conmigo

20.

DEUTSCHLAND

Roman Lob

Standing still

M. & T.: Thomas G:son, Peter Boström

M.: Can Bonomo

T.: Can Bonomo

M.: Antonio Sánchez, Thomas G:son, Erik Bernholm

 T.: Antonio Sánchez

M. & T.: Wayne Hector, Jamie Cullum, Steve Robson

 

 Platz: 

1

Punkte: 

372

Platz:

7

Punkte: 

112

Platz: 

10

Punkte: 

97

Platz: 

8

Punkte: 

110

 

 

21.

MALTA

Kurt Calleja

This is the night

22.

FYR MAZEDONIEN

Kaliopi

Crno i belo

23.

IRLAND

 Jedward

„Waterline”

24.

SERBIEN

Zeljko Joksimovic

Nije ljubav stvar

M. & T.: Johan Jämtberg, Kurt Calleja, Mikael Gunnerås

M.: Romeo Grill

 T.: Kaliopi

M. & T.: Nick Jarl, Sharon Vaughn

M.: Zeljko Joksimovic

T.: Marina Tucakovi, Milos Roganovic

Platz: 

21

Punkte: 

41

Platz:

13

Punkte: 

71

Platz: 

19

Punkte: 

46

Platz: 

3

Punkte: 

214

 

 

25.

UKRAINE

Gaitana

Be my guest”

26.

MOLDAU

Pasha Parfeny

Lautar

M.: Gaitana, KIWI Project

T.: Gaitana

M. Pasha Parfeny, Alex Brashovean

 T.: Pasha Parfeny

Platz:

15

Punkte: 

65

Platz: 

11

Punkte: 

81

 

 

 

Semifinale 1 -

Die Teilnehmer 

 

1.

 

MONTENEGRO

Rambo Amadeus

Euro neuro”

2.

ISLAND

Greta Salóme & Jónsi

Never forget”

3.

GRIECHENLAND

Eleftheria Eleftheriou

Aphrodisiac

4.

LETTLAND

Anmary

Beautiful song”

M.: Rambo Amadeus

  T.: Rambo Amadeus

M. & T.: Greta Salóme Stefánsdottir

M. & T.: Dimitri Stassos, Mikaela Stenström, Dajana Lööf

M.: Ivars Makstnieks

  T.: Rolands Udris

Platz:

15

Punkte: 

20

Platz: 

8

Punkte: 

75

Platz: 

4

Punkte: 

116

 Platz: 

16

Punkte: 

17

 

 

5.

ALBANIEN

Rona Nishliu

Suus”

6.

RUMÄNIEN

Mandinga

Zaleilah”

7.

SCHWEIZ

SinPlus

Unbreakable

8.

BELGIEN

Iris

Would you?”

M.: Florent Boshnjaku

T.: Rona Nishliu

 

M.: Costi Ionita

T.: Elena Ionescu, Dihigo Omar Secada, Costa Ionita

M.: Gabriel & Ivan Broggini 

 T: G. & I. Broggini, Mary S. Applegate

M. & T.: Nina Sampermans, Jean Bosco Safari, Walter Mannaerts

Platz: 

2

Punkte: 

146

Platz: 

3

Punkte: 

120

 Platz: 

11

Punkte: 

45

 Platz: 

17

Punkte: 

16

 

 

9.

FINNLAND

Pernilla Karlsson

När jag blundar”

10.

ISRAEL

Izabo

Time”

11.

SAN MARINO

Valentina Monetta

„The social network Song (Oh Oh - Uh - Oh Oh)

12.

ZYPERN

Ivi Adamou

La la love”

M.: Jonas Karlsson

T.: Jonas Karlsson

M. & T.: Ran Shem-Tov, Shiri Hadar

M.: Ralph Siegel

 T.: Timothy Touchton, Jose J. Santana Rodriguez

M. & T.: Alex Papaconstantinou, Bjorn Djupström, Alexandra Zakka, Viktor Svensson

 Platz: 

12

Punkte: 

41

Platz: 

13

Punkte: 

33

Platz: 

14

Punkte: 

31

 Platz: 

7

Punkte: 

91

 

13.

DÄNEMARK

Soluna Samay

Should've know better"

14.

RUSSLAND

Buranovskiye Babushki

Party for everbody”

15.

UNGARN

Compact Disco

Sound of our hearts”

16.

ÖSTERREICH

Trackshittaz

Woki mit deim Popo ”

M.: Chief 1, Remee, Isam Bachiri

 T.: Chief 1, Remee

M.: Vikto Drobysh, Timofei Leontiev

  T.: Olga Tuktareva, Mary S. Applegate

M. & T.: Behnam Lotfi, Attila Sándor, Csaba Walkó, Gábor Pál

M.: Lukas Plöchl

  T.: Lukas Plöchl, Manuel Hofferer

 

Platz:

9

Punkte: 

63

Platz: 

1

Punkte: 

152

Platz: 

10

Punkte: 

52

 Platz: 

18

Punkte: 

8

 

 

17.

MOLDAU

Pasha Parfeny

Lautar

18.

IRLAND

 Jedward

„Waterline”

M. Pasha Parfeny, Alex Brashovean

 T.: Pasha Parfeny

M. & T.: Nick Jarl, Sharon Vaughn

Platz:

5

Punkte: 

100

Platz: 

6

Punkte: 

92

 

Semifinale 2 -

Die Teilnehmer 

 

1.

SERBIEN

Zeljko Joksimovic

Nije ljubav stvar

2.

FYR MAZEDONIEN

Kaliopi

Crno i belo

3.

NIEDERLANDE

Joan Franka

You and me”

4.

MALTA

Kurt Calleja

This is the night

M.: Zeljko Joksimovic

T.: Marina Tucakovi, Milos Roganovic

M.: Romeo Grill

 T.: Kaliopi

M.: Joan Franka, Jesicca Hogenboom

  T.: Joan Franka

M. & T.: Johan Jämtberg, Kurt Calleja, Mikael Gunnerås

Platz: 

2

Punkte: 

159

Platz:

9

Punkte: 

53

Platz: 

15

Punkte: 

35

 Platz: 

7

Punkte: 

70

 

5.

BELARUS

Litesound

We are the heroes”

6.

PORTUGAL

 Filipa Sousa

„Vida minha”

7.

UKRAINE

Gaitana

Be my guest”

8.

BULGARIEN

Sofi Marinova

Love unlimited

M. & T.: Dmitriy & Vladimir Karyakin

M.: Andrej Babic

 T.: Carlos Coelho

M.: Gaitana, KIWI Project

T.: Gaitana

M.: Krum Georgiev, Iasen Kozev

T.: Doni Vasileva

Platz:

16

Punkte: 

35

Platz: 

13

Punkte: 

39

 Platz: 

8

Punkte: 

64

Platz: 

11

Punkte: 

45

 

9.

SLOWENIEN

Eva Boto

Verjamem”

10.

KROATIEN

Nina Badric

Nebo

11.

SCHWEDEN

Loreen

Euphoria”

12.

GEORGIEN

Anri Jokhadze

I'm a joker

M.: Vladimir Graic, Hari Mata Hari

T.: Igor Pirkovic

M.: Nina Badric

T.: Nina Badric

M. & T.: Thomas G:son, Peter Boström

M.: Rusudan Chkhaidze

T.: Bibi Kvachadze

Platz:

17

 

Punkte: 

31

Platz: 

12

Punkte: 

42

Platz: 

1

Punkte: 

181

 Platz: 

14

Punkte: 

36

 

13.

TÜRKEI

Can Bonomo

Love me back”

14.

ESTLAND

Ott Lepland

Kuula

15.

SLOWAKEI

Max Jason Mai

Don't close your eyes

16.

NORWEGEN

Tooji

 „Stay”

M.: Can Bonomo

T.: Can Bonomo

M.: Ott Lepland

T.: Aapo Ilves

M.: Miroslav Smajda

 T.: Miroslav Smajda

M. & T.: Tooji, Peter Boström, Figge Boström

Platz: 

5

Punkte: 

80

 Platz: 

4

Punkte: 

100

Platz: 

18

Punkte: 

22

 Platz: 

10

Punkte: 

45

 

17.

BOSNIEN & HERZEGOWINA

Maya Sar

Korake ti znam"

18.

LITAUEN

Donny Montell

Love is blind

M. & T.: Maja Sarihodzic

  (Maya Sar)

M.: Brandon Stone

  T.: Brandon Stone

Platz:

6

Punkte: 

77

Platz: 

3

Punkte: 

104

 

Die Finalwertung (pdf)

Übersicht Platzierungen Televoting / Jury (pdf)

 

Die Wertung Semifinale 1(pdf)

Die Wertung Semifinale 2(pdf)

Übers. Platzierungen Televoting / Jury SF 1 (pdf)

Übers. Platzierungen Televoting / Jury SF 2 (pdf)

 

 

 

 

Aus der Presse

                                                                  

 

Sieg der globalisierten Feierkultur

von Rabea Weihser, ZEIT online, 27. Mai 2012  

Perfekt auf internationalem Niveau: Schwedens Tanzhallenhit und Aserbaidschans ESC-Show. Man spricht jetzt in allen Belangen dieselbe Sprache.

Zu Pfingsten ist Karneval der Kulturen, das weiß jeder Berliner. Man feiert die Völkerverständigung, denn mit der Entsendung des heiligen Geistes wurde die babylonische Sprachverwirrung aufgehoben. Diesmal fand zeitgleich auch noch der größte Karneval der Kulturen im Fernsehen statt, gemeinhin Eurovision Song Contest genannt. 120 Millionen Menschen verfolgten im Finale, mit welcher Botschaft 26 Länder ihre Abgesandten auf die Showbühne in Bakus Kristallpalast schickten. Am Ende gewann die Aussage, die von den meisten verstanden wurde.

Loreen aus Schweden spricht die Sprache der globalisierten Feierkultur. Ihr Song Euphoria trifft denselben Nerv wie die Tanzhallenhits aus der Feder David Guettas, die seit rund drei Jahren aus allen Boxentürmen schallen. Mit brachialen Synthesizer-Bässen und R'n'B-orientiertem Frauengesang lassen sich die Massen begeistern. Von London to Ibiza, Straight to L.A.“, wie Jennifer Lopez es ausdrückte – und jetzt auch von Stockholm bis nach Baku. Der Siegersong war nicht der einzige im Wettbewerb, der sich dieser Stilistik bediente, aber darin am konsequentesten.

Loreens Produzent Thomas G:son, ein schwedischer Ralph Siegel, hat alle nationalen Idiome ignoriert und sich dem globalen musikalischen Slang angepasst. Seine Protagonistin zeigt sich ätherisch, mysteriös, unzähmbar, arabeuropäisch, ihre modische Urbanität wird nur dadurch gebrochen, dass sie barfuß auftritt. Und schon sind wir wieder am Strand. Ja, es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn Euphoria“ kein Sommerhit wird.


Alle tanzen zum selben Beat. Das ist einerseits ein schönes Bild, andererseits doch nur Ergebnis marktstrategischer Konformität, wie sie die Unterhaltungsindustrie anstrebt. Denn was dieser Eurovision Song Contest in Aserbaidschan auch gezeigt hat: Show sieht jetzt überall gleich aus. Großarenenbombast, Pyrotechnik, spiegelglatte Bühnenbilder, schicke Kleider, unfallfreie Übertragungstechnik auch im östlichsten Zipfel Europas. Wer das Geld hat, kauft sich einen deutschen Architekten und holt sich Stefan Raabs Produktionsfirma Brainpool ins Haus, damit die Sendung glanzvoll und reibungslos über die Bühne geht.

Alles sauber in Aserbaidschan?

Hätte man nicht in den vergangenen Monaten so viel über Menschenrechtsverletzungen und antidemokratische Zustände in Aserbaidschan erfahren, bliebe einem das Land nach der Fernsehshow als perfekter Gastgeber in Erinnerung: modern, aufgeschlossen, politisch korrekt. Kurze Einspielfilme präsentierten vielfältige Folklore und landschaftliches Idyll als Postkartenmotive. Oh, wie schön ist Aserbaidschan, und alles sauber wie bei uns zu Haus.

Doch nicht? Nur Anke Engelke wagte es, während der Punktevergabe darauf hinzuweisen: "Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, wählen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf deiner Reise, Aserbaidschan! Europa schaut auf dich." 

Der Eurovision Song Contest ist zu einem milliardenteuren Eventkonzept geworden, das nationale Eigentümlichkeiten in ein One-Size-Fits-All-Korsett zwingt. Folklore steht nicht mehr für sich (wir erinnern uns an sonderbare Darbietungen ehemaliger Ostblockstaaten in vergangenen Jahren), sondern erscheint stets eingepasst in einen nivellierenden Kontext. Bezeichnend, dass die russischen Babuschki nicht etwa mit einem volksliedhaften Beitrag auf dem zweiten Platz landeten, sondern mit einem Disco-Trash-Song, der die udmurtische Tradition auf eine museale Kuriosität reduzierte.

Und bei aller Internationalität vergisst der Weltbürger vor dem Fernseher schon mal, warum er eigentlich eingeschaltet hat: Patriotismus? Och, nö. Roman Lob als deutscher Vertreter fiel nicht weiter auf. Nett, harmlos, solide, achter Platz, das Lena-Fieber ist vorüber.

Bis ihm das nächste Wundertalent vor die Füße fällt, verkauft Deutschland Großmannsarchitektur und Showkonzepte an willige Nachbarn im globalen Dorf. Denn Geld spricht überall dieselbe Sprache.


 

Bodenturn-EM mit Lalala

von Hans Hoff, Süddeutsche Zeitung, 27. Mai 2012  

 

Es ist zehn nach vier am frühen Morgen, als Roman Lob in Baku zum Interview auftaucht. (...) "Ich bin glücklich", sagt der 21-jährige Industriemechaniker. Top Ten war angestrebt. Mission erfüllt. "Ich habe mich wohlgefühlt auf der Bühne", berichtet er von seinem Auftritt vor geschätzt 120 Millionen Fernsehzuschauern in 46 Ländern. Zur Halbzeit der Abstimmung lag er allerdings noch weit abgeschlagen im hinteren Drittel. Hat er sich da vielleicht schon aufgegeben? "Was heißt aufgegeben", entgegnet der Westerwälder und schaut mit seinen Knopfaugen so charmant wie er immer schaut. "Es gibt immer Hoffnung", sagt er in bester Sozialpädagogenmanier. Pläne hat er auch. Allerdings sehr normale. "Erst mal abhängen und ausschlafen", sagt er. Danach will er schauen, wie es mit seinem Leben und der Karriere weitergeht. Kurz danach tritt auch die Siegerin des ESC vor die Presse. Loreen heißt sie, kommt aus Schweden und hat aus 42 Ländern sensationelle 372 Punkte kassiert. (...)Nach dem Finale des ESC wird ja immer wieder mal über Regeländerungen nachgedacht, und dann wird lange debattiert, ob die entsprechenden Vorschläge sinnvoll sind. Sehr sinnvoll wäre auf jede Fall folgende neue Regel: Dem gastgebenden Land wird verboten, die Zuschauer mit einer Flut von Werbefilmchen zu überziehen, so dass fast nichts mehr zu bemerken ist von den komischen Liedchen dazwischen. Die Regel wäre die zwingende Schlussfolgerung aus der diesjährigen Inflation von einfallslosen Werbeclips für Aserbaidschan. (...) Und wenn man gerade mal bei der Sache ist, dann könnte man auch gleich noch vier weitere Elemente verändern.

Regel 1: Der ESC ist nicht mehr die europäische Meisterschaft im Bodenturnen. So viele überflüssige und komplett unmotivierte Überschläge und Saltos wie in die diesem Jahr würden dann vermieden. Regel 2: Lieder in denen lalala vorkommt, werden von vornherein als ungültig gewertet, womit in diesem Jahr schon Zypern, Italien und Rumänien die Sachen hätten packen müssen. Regel 3: Schrille Schreie sind verboten. Das hätte in diesem Jahr gegolten für die Ukraine, besonders aber für den Beitrag Albaniens, wo man die Genfer Konvention ganz offensichtlich für eine, sagen wir mal, Empfehlung hält, was man zumindest aus dem Vortrag von Rona Nishliu schließen konnte. Regel 4: Der Gebrauch pyrotechnischer Effekte, von Goldregen bis plötzlich in den Hallenhimmel schießenden Funkenfontänen, sollte auf ein Minimum beschränkt werden. Wäre diese Regel schon in diesem Jahr aufgestellt worden, hätte wohl die Hälfte der angetretenen Sänger stumm bleiben müssen. Wenn dann noch ein bisschen Luft ist, könnte man auch darüber nachdenken, ob man Beiträge zulässt, die ihre gesamte Existenzberechtigung aus der Niedlichkeit der auftretenden Artisten ziehen. Nicht ohne Grund sind Kinder und Tiere auf der ESC-Bühne verboten. Da wäre es doch auch eine schöne Maßnahme, russischen Großmüttern einen etwas würdigeren Lebensabend zu ermöglichen und sie nicht 120 Millionen Menschen als schräge Attraktion vorzusetzen. Andererseits fragt man sich natürlich, was der ESC ohne skurrile Typen und Aktionen wäre. In diesem Jahr sicherlich ein Totalreinfall, denn musikalisch war der Jahrgang 2012 ein äußerst mauer. Nur wenige Lieder wirkten wirklich durchdacht und hatten ein bisschen von der Qualität, die es braucht, um ein bisschen länger als bis zum nächsten Atemzug in der Erinnerung zu verweilen. Schon Ende der Woche wird sich kaum jemand noch an viel mehr als den Siegertitel und den aus dem eigenen Land erinnern können. An der Zeit wäre es auch darüber nachzudenken, ob Künstler und Lied zusammen passen. So hatte Engelbert sicherlich das ausgefeilteste Lied im Angebot, blieb aber eben Engelbert. Im Falle von Italien lief es genau andersherum. Mit Sicherheit war Nina Zilli die beste Sängerin, musste sich aber mit einem ziemlich belanglosen Trällerliedchen präsentieren, das es gerade so in die Top Ten schaffte. Da wäre durchaus mehr drin gewesen. Schwer zu lösen sein dürfte das Dilemma, dass manche Lieder durch die opulente visuelle Inszenierung in der Halle aufgewertet werden, dass sich davon auf dem Bildschirm aber nur eine Light-Version wiederfindet. Natürlich weiß der Zuschauer vor dem Fernseher nicht, was ihm entgeht, aber es ist eine Menge. Nach wie vor pflegt man beim ESC das eklatante Missverhältnis zwischen größtmöglicher technischer Brillanz und dem dünnsten musikalischen Inhalt. Das Licht, die Bilder und die Aktionen sind in Sachen großer Showkunst state of the art, während die musikalischen Beiträge in ihrer Mehrzahl nach wie vor darauf angelegt scheinen, direkt nach dem ESC-Wochenende vergessen zu werden. Die Moderation in diesem Jahr dürften Judith Rakers und Stefan Raab mit viel Wohlwollen angeschaut haben. So schlecht und steif wie die beiden können das auch andere. Dass Anke Engelke 2011 wesentlich mehr zu bieten hatte, ist angesichts der gewohnten ESC-Moderationsversuche eher als Ausnahme zu werten und hat vor allem mit dem großen Talent der Kölner Komikerin zu tun. Die war zudem die einzige, die dem albernen Trällerfinale einen Schuss politische Brisanz zu verabreichen wusste. Als Verkünderin der deutschen Abstimmergebnisse ermahnte sie Aserbaidschan durch die Blume, das mit der Demokratie nicht nur ein Wort sein zu lassen (...) und setzte sich damit nicht nur deutlich ab von den albern standardisierten Glückwunschadressen der restlichen Verkünder, sie gab dem Gastgeberland auch so etwas wie eine feine, wohl dosierte Drohung mit den auf den Weg. Du beobachtest dein Volk, wir beobachten dich, lautete die Botschaft. Die ESC-Welt hat sie wohl gehört.

 

 

DER 57. EUROVISION SONG CONTEST im Detail

(nationale Vorentscheidungen / ECG-Mitgliedervoting)

 

Berichte des ECG-Teams