Das wohl bisher emotionalste Clubtreffen fand am 25. November 2017 im Gloria-Theater in Köln statt. Dabei wurden sowohl Tränen beim Andenken an den Tod mehrerer ESC-Größen als auch bei den Auftritten der ESC-Legenden Anne Marie David und Nicole vergossen. Dennoch schafften es sowohl Moderator Lars Redlich als auf das ECG-Team auf der Bühne, den ausverkauften Saal zum Lachen zu bringen, und am Schluss herrschte nur noch überschwängliche Freude beim Auftritt von Sunstroke Project und der anschließenden ESC-Disco mit DJ Ohrmeister.
Fast bei jedem Clubtreffen der letzten Jahre war ARD-Unterhaltungskoorinator Thomas Schreiber unser Gast, um uns jeweils im Rahmen des Bühnenprogramms aktuelle Neuigkeiten zur deutschen Vorentscheidung des kommenden Jahres zu verkünden. Da das Konzept für 2018 jedoch ein völlig neues und auf den ersten Blick auch kompliziertes Verfahren zu sein schien, wollten wir der Vorstellung dieses Konzeptes mehr Raum geben und hatten deshalb bereits am Nachmittag eine ganze Stunde eingeplant. Und so standen quasi im Rahmen eines zusätzlichen Termins der NDR-ESC-Roadshow Thomas Schreiber und der neue Head of Delegation Christoph Pellander den interessierten Fans Rede und Antwort.
Das eigentliche Bühnenprogramm startete dann traditionellerweise mit einer Showeinlage des ECG-Präsidiums. Auf sehr lustige Weise wurde hier nochmal gezeigt, wie Francesco Gabbani der sicher geglaubte Sieg von Salvador Sobral aus der Hand gerissen wurde, und ein schwules Paar fand sich zu „My Friend“, was mit „This Is Love“ gefeiert wurde.
Danach wurde es richtig traurig. Zuerst gab es eine Hommage für Heppi Herrlich, den langjährigen Moderator des ECG -Clubtreffens, der im April nach schwerer Krankheit gestorben ist. Dies war für viele Fans ein riesiger Schock, da es noch nicht jeder mitbekommen hatte. RIP Heppi und danke für zahlreiche wunderschöne ESC Momente!
Aber auch mehrere ehemalige ESC Künstler haben uns im letzten Jahr verlassen: Margot Hielscher, Chris Roberts, Sandra Reemer und am überraschendsten wohl Joy Fleming. Ihr zu Ehren schrieb Hans-Peter Schmidt-Treptow, der sie persönlich sehr gut kannte, ein Lied und trug es auf der Bühne zu Bildern aus dem Leben von Joy vor. Im Saal war Totenstille und Tränen flossen. In solchen Momenten merkt man, dass die ESC-Community schon sowas wie eine Familie ist, und jeder Verlust richtig weh tut.
In einer derartigen Gemütslage das Publikum wieder aufzubauen, ist sicherlich nicht einfach. Aber Lars Redlich, dem Moderator des Abends, gelang es! Mit Witzen, Gesangseinlagen und Slapstick päppelte der Berliner Musik-Comedian das Publikum wieder auf. Nach seinem Intro-Song kündigte er auch schon die ersten Künstler auf der Bühne an Norma John aus Finnland.
Leena und Lasse sangen mehrere Lieder aus ihrem derzeitigen Album. Natürlich durfte auch das überraschenderweise im Halbfinale ausgeschiedene „Blackbird“ nicht fehlen. Als Bonbon für die Fans gab es noch eine Coverversion von „Citylights“, dem diesjährigen belgischen Beitrag von Blanche. Das finnische Duo überzeugte stimmlich sehr und man nahm ihnen ab, dass sie Vollblutmusiker sind.
Mit Brendan Murray ging es mit einem weiteren ESC-Teilnehmer aus diesem Jahrgang weiter. Überraschenderweise hatte er seinen Freund Dylan dabei, den er kurz nach Kiew kennengelernt hat. Beide harmonierten wunderbar auf der Bühne und sangen ein sehr breites Programm bekannter Songs. Von Jackson 5 über Clean Bandit bis – ganz groß – Britney Spears („Baby One More Time“). Dylan durfte auch einen eigenen Song singen und zum Abschluss gab es „Dying To Try“ von Brendan in einer Acoustic-Version. Ein sehr sympathischer Auftritt der beiden irischen Jungs.
Im Anschluss war wieder Zeit für eine Gesangseinlage des Moderators. Diesmal zeigte er seine weibliche Seite: Zuerst wurde seine Coverversion von Conchitas „Rise Like A Phoenix“ namens „Reis, Milch und Kleenex“ auf der Leinwand gezeigt und danach gab es Frank ´N Furters „Sweet Transvestite“ aus der Rocky Horror Picture Show.
Nach einer einstündigen Pause gab es dann eine dieser beliebten Parodien, die gewissermaßen das Markenzeichen unserer Clubtreffen sind: Peter Bergener und Lu Wenzel verarbeiteten das Drama um die Teilnahme Russlands am ESC in der Ukraine auf sehr lustige Weise: Julia Samoylova (Lu Wenzel) versucht alles – inklusive eines „Satellitenfluges“, um die Grenze zu passieren und nach Kiew zu gelangen, wird aber von einer ukrainischen Grenzbeamtin (Peter Bergener) und schließlich von Präsident Putin selbst (Michael Sonneck) zurückgehalten. Sie war halt eben doch nur eine „Puppet On A String“.
Mit Anne Marie David betrat dann die erste „Grande Dame“ des Abends die Bühne. Gemeinsam mit ihrem guten Freund Mave O‘Rick brachte sie „Du bist da“, eine neuproduzierte poppige deutsche Version ihres Siegertitels von 1973.
Danach sang Anne Marie mehrere französische Chansons, darunter auch ein vertontes Gedicht eines Vaters, dessen Sohn in den Krieg ziehen musste. Das Publikum war gerührt. Nach jedem Song gab es minutenlang Standing Ovations, vor allem natürlich nach ihren ESC-Titeln „Je suis l’enfant soleil“ und “Tu te reconnaitras“. Anne Marie erzählte, wie viel sie dem ESC zu verdanken habe. Man merkte, dass sie sich voll und ganz mit dem Wettbewerb identifiziert und es richtig genoss, vor den Fans auf der Bühne zu stehen. Es war ein grandioser Auftritt, der den Zuschauern noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Anne Marie David fungierte nach ihrem tollen Auftritt dann noch als Glücksfee und zog die Hauptgewinne der Tombola.
Kein Clubtreffen ohne das inzwischen traditionelle und „legendäre“ Musical. Dieses Mal ging es in der von Peter Bergener, Lu Wenzel und Michael Sonneck ausgedachten Handlung um eine CD des Siegerliedes 2018, die zur Versteigerung anstand. Kein geringerer als US-Präsident Donald Trump (Michael Sonneck) wollte natürlich in den Besitz dieser CD gelangen („Make Amerika great again!“), aber Verka Serduchka (Lu Wenzel) und Mutter (Peter Bergener) ließen das natürlich nicht zu. Es ergab sich ein regelrechtes „Wettrennen“ um die begehrte CD. Trump verfolgte Verka und Mutter bis in ein Kloster, wo die Mönche und Nonnen (Alina, Björn, Markus, Benjamin) Verka vor dem Zugriff Trumps schützten und der Abt (Alexander) versuchte, die beiden zu versöhnen. Weiter ging die Verfolgungsjagd in eine Diskothek, wo u.a. Slavko Kalecic (Diddy) einen „Zopf-Auftritt“ hatte. Schließlich war beim Streit von Verka und Trump um die CD die lachende Dritte Angela Merkel (Chris Köther), der die Mutter die CD verkaufte. Merkel kündigte an, selbst in Lissabon anzutreten, damit es endlich mal wieder heißen werde „Germany 12 points!“ „Dieser Traum darf niemals sterben“ meinten dann alle Mitwirkenden im Finale dieses witzigen Musicals, das mit von Lu Wenzel wieder einmal äußerst kreativ geschaffenen Requisiten und Kulissen glänzte, da gab es z.B. ein WC, dessen Seitenwände zu „Skeletons“ aufklappten, und vieles mehr. Musikalisch wurden wieder jede Menge zur Handlung passende ESC-Titel – vor allem aus dem aktuellen Jahrgang (Schnitt Michael Sonneck) – verwendet, um die turbulente Handlung voranzubringen. Wieder einmal gelang es diesem Kreativteam, mit tollen Kostümen und Songzusammenschnitten und einer spannenden und lustigen Handlung zu überzeugen. Ein weiteres Highlight des Abends!
So war die Stimmung schon sehr, sehr gut, als keine Geringere als unsere erste ESC Gewinnern Nicole die Bühne betrat. Nicole sang mehrere Songs aus ihrem deutschen ESC-Coveralbum „12 Punkte“. Dazu sang sie ihre Wettbewerbsbeiträge „Flieg nicht so hoch mein kleiner Freund“ und “Ein leises Lied“, mit dem sie 1991 das Deutsche Song-Festival in Berlin gewann. Kurz vor „Ein bisschen Frieden“ wurde es wieder sehr leise im Saal, als über die Aktualität des Liedes gesprochen wurde. Nicole sagte, sie werde niemals müde, „Ein bisschen Frieden“ zu singen, so lange es noch so viele Konflikte und Kriege gebe und es notwendig sei. Nach dem grandiosen Auftritt von Anne Marie David hatte es Nicole mit Sicherheit nicht leicht. Auch merkte man ihr an, dass sie eine größere Distanz zum ESC hat als ihre Vorgängerin.
Dennoch fühlte sie sich sichtlich wohl auf der Bühne vor so vielen ESC-Fans und blieb auch nach Programmende noch für Selfies und Autogramme, etwas, was man nicht unbedingt von ihr erwartet hätte. Und als es als Zugabe noch einen „Best of Nicole-Remix“ (Ballermann-Style) gab, tanzte und feierte der Saal.
Als letzter Act des Abends traten Sunstroke Project auf. Sie lieferten ein wahres Stimmungsfeuerwerk ab. Neben „Hey Mama“ und „Runaway“ gab es jede Menge weitere Partysongs. Das ausverkaufte Gloria feierte mit und ließ Sunstroke Project nicht von der Bühne, bis sie zum Abschluss noch ein zweites Mal „Hey Mama“ sangen.
Sunstroke Project waren die perfekte Überleitung zur ESC-Disco. In gewohnter Manier gelang es DJ Ohrmeister, das Tanzpublikum zu begeistern. Eine Besonderheit diesmal war, dass er auch viele Titel aus den deutschen Vorentscheidungen spielte wie z.B. „We Can Move A Mountain“, „Grün Grün Grün“, „Miteinander“ u.v.m. Dies kam beim Publikum sehr gut an. Zum Abschluss gab es, wie es schon lange auch bei den Berliner ESC-Events Tradition ist, „Die Zeiger der Uhr“ von Margot Eskens. Diese zeigte auch leider schon 3.00 Uhr, und ein wunderschönes Clubtreffen ging zu Ende. Gerne hätten wir alle noch viel länger zu DJ Ohrmeister getanzt, aber jeder schöne Abend ist auch mal vorbei.
(Bericht: Salman Tanzeem mit Ergänzungen von Michael Sonneck / Fotos: Michael Weiler, Peter Rensmann, Stephan Mehner)