Nach einem großartigen ersten Semifinale geht es nun wieder Schlag auf Schlag. Gestern tummelten sich noch unglaublich viele Fans im Club Hiroshima Mon’amour, dem inoffiziellen und doch einzig wahren Euroclub dieser Saison. Mich hat es aber nach einer längeren Pressekonferenz der zehn Finalisten ins Hotelbett gezogen, schließlich wird es heute wieder eine lange Nacht, die nach dem Juryfinale erst richtig losgeht, denn die schon legändere Wiwi-Party findet statt. Allerdings haben dann doch etliche Fans keine Tickets mehr bekommen, sodass es um schon schöner, dass Bloggerkollege DJ Ohrmeister heute auch noch auflegt, wie ihr weiter unten lesen könnt.
In den italienischen Medien ist der ESC heute sehr präsent. Allerdings wird ein Programmpunkt kritisiert, der vielen Zuschauern in Europa wahrscheinlich wenige problematisch erscheinen dürfte. Doch die Hommage an die im letzten Jahr verstorbene Raffalla Carrá dauerte vielen Zuschauen mit 28 Sekunden viel zu kurz. In La Stampa werden einige wütende Kommentare abgedruckt, wie dieser: „Die traurigste Hommage, die sich der menschliche Geist jemals ausgedacht hat.“. Nun ja, in Italien, aber auch in Spanien war La Carrá schon zu Lebzeiten eine wahre Legende. Ansonsten ist der Tenor positiv bis neutral, auf jeden Fall aber sehr interessiert. Was auch die vielen Italiener beweisen, die sich gestern beim Public-Viewing im Euro-Village das Semifinale angeschaut haben.
Bei der Sicherheitskontrolle hat man gelernt und heute bereits eine halbe Stunde früher mit dem Einlass begonnen, sodass wir ganz entspannt in die Halle gehen konnten. Mit der Objektivität wird es mit den Tagen nicht besser, so steigt eher die Verwirrung nach der gerade zu Ende gegangenen Probe. Zumindest die Auftritte sind durch und ich bin ins Pressezentrum gewechselt, denn es gibt ein technisches Problem und die Pausenacts verzögern sich. Im Vergleich zur ersten Probe am Montag, gibt es heute doch einige Hänger. Allen voran musste die arme Cornelia aus Schweden schon wieder dran glauben. Bereits bei den Einzelproben war das schwedische Team weniger zufrieden, da offenbar einiges nicht funktionierte wie gewünscht. Und nun fiel auch die Musik nach drei Sekunden aus und es musste neu gestartet werden. Sogar ESC-Boss Martin Österdahl, der sonst nur auf seinem Balkon rumsitzt, stand auf und schien nervös zu sein. Nun denn, der Auftritt saß dann aber genau da, wo er sollte.
Den größten Sprung hat für mich Nadir aus Aserbaidschan gemacht, dessen stimmlichen Qualitäten nie zur Diskussion standen, dafür den Song, der aber zumindest in der Halle mit dieser Inszenierung auf der Treppe hervorragend funktioniert. Neben ihm sehe ich nach dieser Probe ganz sicher Schweden, Serbien und Polen im Finale. Dagegen kann ich mir nicht vorstellen, dass es Malta, Zypern, Nordmazedonien, Irland oder Belgien in die Top ten morgen kommen. Alles solide Nummern, da ist nichts auszusetzen, aber es müssen ja diesmal sogar acht Delegationen die Koffer packen.
Sehr wahrscheinlich dürfen sich Estland, Tschechien, Australien und ja, ich bin selbst überrascht, San Marino auf einen Auftritt im „Grande Finale“ freuen. Was der gute Achille Lauro auf die Bühne bringt ist schon beeindruckend. Okay, der sehr mittelmäßige Song wird komplett von der Show pulverisiert, aber das kennt man ja schon. Wir saßen gerade sehr weit weg von der Bühne, also auch von den unendlich vielen Feuerstrahlen, aber aufgrund der großen Menge dieser, fühlte es sich an wie im Solarium.
Auf der wackeligen Seite sehe ich momentan Israel, auch wenn die Show schon wirklich professionell ist, bleibt wie ein fader Geschmack, was auch für Rumänien gilt. Montenegro würde ich persönlich gern weitersehen, aber leicht wird es für Vladana auch nicht. Georgien lässt sich auch äußerst schwer einschätzen. Monotoner Song, gepaart mit tollen visuellen Effekten. Wahrscheinlich gehen die Juroren steil, was reichen könnte.
Nun muss ich mich sputen, um noch hurtig ins Hotel zu kommen, bald beginnt ja auch schon das Juryfinale.