Nun ist die erste Generalprobe zum zweiten Semifinale gelaufen und es bestätigt sich nach dieser, dass die Prognose sehr schwierig wird. Im Mediacenter hat Baileys einen Stand aufgebaut und schenkt großzügig diverse, äußerst schmackhafte Cocktails aus. Also nicht, dass ich mir das zweite Semi schöntrinken müsste. Wobei… doch! Es ist selbst in der Halle zum Teil etwas zäh… Hier ein kurzer Abriss über die Halleneindrücke.
Dänemark: Ein Setting, wie man es aus dem quietschbunten Video schon kennt und was auch gut zu Lied und Sänger passt. Allerdings trägt die Kopfstimme von Reiley zumindest in der Halle nicht so richtig. Vor dem ESC war dieser Act für mich ein sicherer Kandidat fürs Finale, aber nach dieser Probe für mich ein Wackelkandidat.
Armenien: Eine sehr professionelle Inszenierung, da kann man sagen, was man will. Komischerweise wirkt aber alles recht steril, der Song bleibt nicht im Kopf, wird aber bestimmt genügend Anrufe auf sich vereinen können.
Rumänien: Über den Song ist schon genügend Kritik verbreitet worden, bleibt also noch Raum, um am Auftritt zu nörgeln. Positiv kann man anmerken, dass dieses Chaos aus der Vorentscheidung geordnet wurde. Nun ist es aber sehr dröge, auch wenn Theodor gut bei Stimme ist und souverän seinen Song vorträgt. Für mich einer von drei Beiträgen, die mit Sicherheit nur morgen zu hören sein werden.
Estland: Sicherlich spielt die Armut an Balladen in diesem Jahr Alika in die Hände. Darüber hinaus machen die Esten aber einiges richtig. Sie haben wieder das selbstspielende Klavier dabei, warum auch nicht. Alikas wunderschönes Outfit unterstreicht perfekt den stilvollen Song. Zum Glück sitzt auch die Stimme da, wo sie hingehört.
Belgien: Ach Gustaph. Ich möchte diesen Beitrag so gerne mögen, komme aber an diesen Song nicht ran. Objektiv betrachtet bietet Belgien aber eine sehr gute Perfomance mit sehr schönen, abwechslungsreichen Momenten. Über das Outfit des Sängers lässt sich streiten, passt aber zu den LED-Hinter- und Untergründen ganz wunderbar. Auf jeden Fall nützen ihm die Damen im Background, die eher im Vordergrund stehen.
Zypern: Eine faustdicke Überraschung für mich. Eigentlich ein Song, den ich immer überhört habe, so austauschbar fand ich ihn. Andrew und sein Team haben aber eine sehr stimmungsvolle und edle Inszenierung auf die Beine gestellt, die weit weg von den Klischees aus dem Video ist. Sein größtes Pfund ist allerdings seine Stimme. Ich hatte so ein bisschen Cesár-Sampson-Vibes. Er könnte für eine positive Überraschung sorgen.
Island: Mein zweiter Beitrag, den ich sicher nicht im Finale sehe. Eintönig bis zur Schmerzgrenze kommt die angebliche Power in der Halle rüber. Da helfen auch nicht die akrobatischen Übungen der Sängerin.
Griechenland: Tja, ein richtiges Überraschungsei haben die Griechen ins ESC-Nest gelegt. Auf der einen Seite begeistert Victor mit seinen Bühnenqualitäten abseits der Bühne. Andererseits schwanken seine stimmlichen Leistungen enorm. In der Halle konnte man nicht eindeutig nachvollziehen, wie er sang. Er hüpft in seinem kurzen Einteiler etwas unkoordiniert über die Bühne. Es könnte knapp werden für Griechenland.
Polen: Wenn ich mich nur freimachen könnte von dem Schock, dass Blanka die Vorentscheidung gewonnen hat. Dann würde ich den Song trotzdem nicht mögen. Sie scheint aber einige Gesangsstunden genommen zu haben, denn es klang in der Arena recht okay. Insgesamt aber eine stimmige Performance für die TikTok-Influencer-Generation, die Polen mit Sicherheit ins Finale wählen werden.
Slowenien: Bei den Jungs sitzt alles. Eine sehr kraftvolle, intensive Inszenierung, die sich ganz auf das Charisma des Frontsängers verlässt. Auch wenn ich kein Fan dieser Musik ist, macht dieser Beitrag doch enorm Spaß.
Georgien: Eigentlich habe ich nach dem Video eine Inszenierung wie 2007 bei dem ersten georgischen Beitrag von Sopho erwartet und bin nun etwas enttäuscht, dass man Iru sich selbst überlässt. Sie singt gut, auch das Kleid, welches hinter einer Wand von einigen Helfern in die Höhe gehalten wird, damit die Windmaschine auch perfekt ihre Arbeit verrichten kann, steht ihr großartig. Dennoch passiert insgesamt etwas wenig in den drei Minuten.
San Marino: Was soll man sagen. Sie haben diesen öden Rocksong so auf die Bühne gebracht, wie man es in einem Handbuch für solche Auftritte finden würde. Inklusive eines roten Kussmundes auf der LED-Wand. Mein dritter sichere Kandidat, der die Koffer packen muss.
Österreich: Ich will noch nicht sagen, dass Österreich mit der Umsetzung des Acts auf der ESC-Bühne gescheitert ist, aber zu Begeisterungsstürmen kann ich mich nicht hinreißen lassen. Ich frage mich, ob es nur an dem originellen Video liegt. Vielleicht sehen das die normalen Zuschauer auch ganz anders. Mir kam es in der Halle vor, als gäbe es an einigen Stellen stimmliche Unsicherheiten. Ins Finale werden sie kommen, aber es könnte da einen Favoritenabsturz geben.
Albanien: Sie holen das Maximum aus dem Beitrag raus – alles sehr harmonisch und sogar fesselnd. Das könnte der Ethno-Slot sein, wie gestern Moldau.
Litauen: Keine Überraschungen, weder nach unten noch nach oben. Monika singt souverän, interagiert gut mit ihrem Team. Insgesamt vielleicht alles eine Spur zu harmlos, um nicht langweilig zu sagen.
Australien: Sie kommen zum Schluss ziemlich gut und könnten morgen sehr weit vorn landen, was weniger an der Stärke des Songs liegt, sondern vielmehr an mangelnden Alternativen. Auch hier eine recht vorhersehbare Inszenierung mit einem Auto auf der Bühne. Ihnen wird es wohl mehr Glück bringen als Malta gestern.
Noch kurz zu den drei noch fehlenden Finalisten, die heute auch proben durften.
Spanien: Alles wie schon aus Benidorm bekannt, ohne Wackler oder Überraschungen.
Ukraine: Sie bieten eine gute Performance, vielleicht die modernste in diesem Jahr. Nur kann auch diese nicht über den lahmen Song hinwegtrösten.
UK: Also da hat es einem in der Halle an manchen Stellen schon die Schuhe ausgezogen, so schief klang Frau Muller. Es passiert einiges auf der Bühne, alles sehr bunt und gut choreografiert.
Ein großes Lob auch wieder an die Pausenacts, die beide großartig sind. Schön auch die Idee jeweils einen, der für die Ukraine steht und einen für das UK.
Das soll es für heute gewesen sein. Nun rasen die Tage nur so vorbei – morgen schon das zweite Semi.