Die EBU hat am 17. Juni 2022 ein Statement veröffentlicht, in dem erklärt wurde, aus welchen Gründen der ESC 2023 nicht in der Ukraine ausgetragen werden kann (siehe weiter unten). Daraufhin gab es Proteste seitens des ukrainischen TV-Senders UA:PBC und auch des siegreichen Kalush Orchestra.
Dies hat offensichtlich die EBU veranlasst, am 23. Juni 2022 eine erneute Stellungnahme abzugeben, in der diese Entscheidung bekräftig wird:
"Die EBU versteht voll und ganz die Enttäuschung, mit der die Ankündigung aufgenommen wurde, dass im Jahr 2023 der Eurovision Song Contest (ESC) nicht in der Ukraine, dem diesjährigen Siegerland, ausgetragen werden kann.
Die Entscheidung wurde von der Verantwortung der EBU geleitet, sicherzustellen, dass die Sicherheit aller, die an der Veranstaltung arbeiten und daran teilnehmen, gewährleistet werden kann. Die Planung muss sofort im Gastland beginnen. Mindestens 10.000 Personen sind in der Regel akkreditiert, um beim Eurovision Song Contest mitzuarbeiten einschließlich der Crew, des Personals und der Journalist*inen. Weitere 30.000 Fans werden zu der Veranstaltung erwartet. Ihr Wohl liegt uns in erster Linie am Herzen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Entscheidungen in Bezug auf ein so komplexes Live-Fernsehereignis von den TV-Profis getroffen und nicht politisiert werden.
Die Regeln des Eurovision Song Contest, auf die sich alle teilnehmenden Sender einigen, sagen ganz klar, dass die Veranstaltung in einer Situation höherer Gewalt, wie z. B. einen andauernden Krieg, verlegt werden kann. Als Antwort auf den Sicherheitsfragebogen der EBU gab es eine Reihe von Risiken, die sich unmittelbar auf die Planung für ein solches Großereignis, auswirken würden, einschließlich der "großen" Gefahr von Luftangriffen oder Angriffen durch Drohnen oder Raketen, die erhebliche Verluste verursachen können, hob die
uns zur Verfügung gestellte Bewertung der Ukraine hervor.
Darüber hinaus holte die EBU Sicherheitsberatung von Drittanbietern ein, die eindeutig feststellten, die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Minderung der Bedrohungen unzureichend sind für ein internationales öffentliches Ereignis und die Risikoeinstufung eines Ereignisses mit Massenopfern aufgrund des anhaltenden Konflikts "hoch" ist.
Neben den Sicherheitsbedenken macht der andauernde Konflikt in der Ukraine Delegationen und Beteiligten zu schaffen. Wir nahmen auch die Bemerkungen des NATO-Generalssekretärs Jens Stoltenberg zur Kenntnis, dass der Krieg in der Ukraine "Jahre dauern könnte".
In Bezug auf die Möglichkeit, den Wettbewerb an einem Grenzort in der Nähe eines Nachbarlandes zu veranstalten, stellen wir fest, dass die Spezifikationen der vorgeschlagenen Veranstaltungsorte und das Fehlen der erforderlichen Infrastruktur die Anforderungen des ESC nicht erfüllen.
Die EBU hat bei ihren Schlussfolgerungen auch zur Kenntnis genommen, dass nach unserem derzeitigen Kenntnisstand in der Ukraine 2023 keine großen Konterttourneen stattfinden werden.
All dies trägt zur Gesamtbewertung der EBU in Bezug auf Sicherheit bei, die notwendigen Voraussetzungen für das Hosting, wie in den Regeln des Eurovision Song festgelegt, sind nicht erfüllt.
Unter Berücksichtigung all dessen traf die EBU mit Bedauern die Entscheidung, die Veranstaltung in ein anderes Land zu verlegen und wird die Gespräche über die Suche nach einem geeigneten Ort für den Eurovision Song im nächsten Jahr fortsetzen. Wir freuen uns, in all diesen Fragen weiter mit unserem ukrainischen Mitglied UA:PBC zusammenzuarbeiten."
STATEMENT VOM 17.06.2022
„Nach ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest (ESC) im Mai hat die EBU Möglichkeiten für die Ausrichtung des Wettbewerbs im nächsten Jahr mit dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Sender UA:PBC geprüft, der die Veranstaltung bereits 2017 und 2005 ausgerichtet hatte.
Es ist zu einer bekannten Tradition geworden, dass der Gewinner des Eurovision Song Contest den Wettbewerb im folgenden Jahr ausrichtet und bestimmte Kriterien erfüllt, darunter die Gewährleistung der Durchführbarkeit der Veranstaltung und die Sicherheit aller Beteiligten, einschließlich der Öffentlichkeit.
Angesichts des andauernden Krieges seit der russischen Invasion des diesjährigen Siegerlandes hat sich die EBU die Zeit genommen, eine vollständige Bewertung und Machbarkeitsstudie sowohl mit UA:PBC als auch mit Spezialisten von Drittanbietern durchzuführen, einschließlich zu Sicherheitsfragen.
Der Eurovision Song Contest ist eine der komplexesten TV-Produktionen der Welt, mit Tausenden, die an der Veranstaltung arbeiten, daran teilnehmen und zwölf Monate Vorbereitungszeit benötigen.
Nach einer objektiven Analyse ist die Referenzgruppe, das Entscheidungsgremium für den ESC, mit tiefem Bedauern zu dem Schluss gekommen, dass angesichts der aktuellen Umstände die Sicherheits- und Betriebsgarantien, die für einen Sender zur Ausrichtung, Organisation und Produktion des Eurovision Song Contest gemäß den ESC-Regeln erforderlich sind, nicht von UA:PBC erfüllt werden können.
Die EBU möchte UA:PBC für die uneingeschränkte Zusammenarbeit und das Engagement bei der Prüfung aller Szenarien in den Wochen seit dem Sieg des Kalush Orchestra am 14. Mai in Turin danken und die Traurigkeit und Enttäuschung darüber teilen, dass der Wettbewerb im nächsten Jahr nicht in der Ukraine stattfinden kann.
Seit der Invasion unterstützt die EBU UA:PBC in einer ganzen Reihe von Bereichen. Wir werden sicherstellen, dass diese Unterstützung fortgesetzt wird, damit UA:PBC den unverzichtbaren Service, den sie den Ukrainer*innen bieten, aufrechterhalten kann.
Als Ergebnis dieser Entscheidung wird die EBU gemäß den Regeln und um die Kontinuität der Veranstaltung zu gewährleisten, nun Gespräche mit der BBC als dem diesjährigen Zweitplatzierten aufnehmen, um den Eurovision Song Contest 2023 möglicherweise im Vereinigten Königreich auszurichten.
Es ist unsere volle Absicht, dass sich der Sieg der Ukraine in den Shows des nächsten Jahres widerspiegelt. Dies wird für uns in unseren Gesprächen mit den späteren Gastgebern Priorität haben.
Der ukrainische Sender UA-PBC antwortet hierauf mit folgendem Statment:
„Wir sind enttäuscht von dieser Entscheidung der EBU. In diesem Monat haben viele Menschen in der Ukraine alle Anstrengungen unternommen, um die Bedingungen für die Durchführung der Eurovision in unserem Land zu erfüllen. Sicherheit steht bei uns natürlich an erster Stelle. Das Team von UA: PBC, staatlichen und lokalen Behörden hat gründliche Arbeit geleistet und verschiedene Optionen angeboten. Es ist schade, eine so unanfechtbare Aussage zu sehen, deshalb bitten wir unsere Partner, weitere Verhandlungen zu führen“,
UA: PBC hatte zusammen mit ukrainischen staatlichen und lokalen Behörden mehrere Optionen für die Ausrichtung der Veranstaltung in drei verschiedenen Regionen der Ukraine vorgeschlagen. An erster Stelle stand die Hauptstadt Kiew – frühere Gastgeberin des Eurovision Song Contest 2005 und 2017. Zweiter wurde Lviv (Lemberg) im Westen des Landes in der Nähe von Polen und Dritter in Transkarpatien – an der Grenze zu Ungarn und der Slowakei.
Die EBU befindet sich derzeit in Gesprächen mit der BBC, um den Wettbewerb in Großbritannien zu organisieren. Großbritannien landete in diesem Jahr mit Sam Ryder auf dem zweiten Platz und ist damit der natürliche „Ersatzkandidat“ für die Ausrichtung. Der spanische Sender RTVE hatte bereits im Juni erklärt, dass er nicht auf die Hosting-Rechte drängen und der BBC den Vortritt lassen würde, wenn die Ukraine ausfalle.
Die BBC hat daraufhin folgende Erklärung veröffentlicht, um die Entscheidung der EBU anzuerkennen:
„Wir haben die Ankündigung der EBU gesehen. Dies sind eindeutig keine Umstände, die sich irgendjemand wünschen würde. Gemäß dieser Entscheidung werden wir natürlich besprechen, ob die BBC den Eurovision Song Contest ausrichtet.“
Aus der britischen Presse war zuvor schon zu entnehmen, das womöglich Glasgow als Gastgeberstadt bereits feststehe. Aber jetzt liest man, dass sich weitere Städte um die Austragung bewerben wollen: London, Cardiff, Aberdeen, Manchester, Liverpool, Birmingham , Belfast und Brighton werden genannt.