Ich sag euch, wie es ist: Eurovision ist Stress pur! Jetzt habe ich ein paar Tage lang nicht mehr in diesem Blog geschrieben, weil man in der ganzen Terminhatz gar nicht dazu kommt. Nach dem Probenmarathon hat man nun endlich die Gelegenheit, Lissabon als Stadt besser kennenzulernen. Zudem möchte man seine ESC-Freunde sehen, natürlich die Shows besuchen und möglichst jede Party mitnehmen – die anscheinend legendäre Absinth-Orgie habe ich ja natürlich verpasst. L Auch der Botschaftsempfang mit Michael Schulte am Donnerstag ging ohne mich über die Bühne, weil ich mich schon für einen Stehplatz an der Halle angestellt habe. Traaaaagisch! Naja, 5 ½ Stunden Schlaf sollten es unter allen Umständen dann doch irgendwie sein. Mir den Kopf im Sekundenschlaf an der Tastatur zu stoßen, fehlt mir gerade noch…
Ich als seit vielen Wochen großer Verfechter des wunderbaren irischen Beitrags habe mich natürlich unbeschreiblich über den Finaleinzug von Ryan O’Shaughnessy gefreut. Gehofft habe ich es natürlich sehr, aber irgendwie wollte man doch zumindest nach außen hin nicht dran glauben. Es darf ja nicht wahr sein: Europa hat tatsächlich ein Herz! Auch wenn das Staging mit dem schwulen Pärchen möglicherweise für viele Punkte gut gewesen ist. Als in der Halle Irland als letzter Finalist genannt worden ist, habe ich es erst gar nicht richtig verstanden. Ich wollte auf Nummer sicher gehen und erst als in Ryans verdutztes Gesicht auf der Leinwand sah, wurde ich ein wenig… wie soll ich sagen… sehr euphorisch – während um mich herum allenthalben die Contenance bewahrt wurde. War mir dann auch egal! Die Nacht wurde etwas länger und feuchtfröhlich. Auf typisch irische Art und Weise wurde meine Fahne schließlich auch noch mit dunklem Bier geflutet… Egal!
Den Kater am nächsten Tag konnte ich zwar abwenden, aber irgendwie war er in anderer Gestalt doch präsent. Es waren die gefürchteten drei Buchstaben. PED! Post Eurovision Depression! Das ging in diesem Jahr früh los… Was sollte den Abend noch toppen? Glücklicherweise konnte ich mich bei einem Ausflug zu Cristo Rei ans andere Tejo-Ufer etwas ablenken. Dort hat man einen genialen Ausblick von recht weit oben. Dennoch war ich nach dem Höhenflug vom Vorabend etwas down… Ein bisschen Abhilfe konnte eine Tuktuk-Fahrt hinunter in Richtung Hafen schaffen. Schließlich haben wir überlebt…
Und die PED ist auch vorerst abgewendet. Das 2. Semi verlief für mich eher weniger emotional, da sich meine persönlichen Favoriten in der ersten Hälfte der Umschläge befanden und man von einem Weiterkommen hat ausgehen können. Im Finale kann man aber von gar nichts mehr ausgehen – auch aus deutscher Sicht nicht. Ein Blick auf die Wettquoten zeigt, dass wirklich alles möglich zu sein scheint. Deutschland ist binnen weniger Tage von Platz 15 auf Platz zehn geschnellt, in den vergangenen Stunden sogar auf die vier (nun wieder auf Platz sechs abgerutscht). Irland vor den Semis jenseits der Top 30 ist mittlerweile dort auf Platz drei (!!!) notiert. Die angeblich so altmodische Schmonzette… Das gerät man ja glatt ins Träumen! Wahnsinn! Mittlerweile aktualisiere ich die Internetseite mit den Quoten rund alle 20 Minuten. Gaga, oder? Man weiß aber natürlich nicht, ob da Zocker mit Sachverstand oder größenwahnsinnige Guinness-Junkies für dieses Quoten-Auf-und-Ab verantwortlich sind. Eigentlich weiß man nur, dass man nichts weiß (was ich in unserem Tippspiel nun auch eindrucksvoll bewiesen habe)… HAPPY EUROVISION!
Benni